Das Landesarbeitsgericht Köln bestätigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Kündigung während Krankheit in der Probezeit im Kleinbetrieb ist wirksam.
Die Kündigung verstößt nicht gegen das Kündigungsschutzgesetz, da der sowohl der persönliche als auch der betriebliche Anwendungsbereich des KSchG nicht eröffnet sind. Weder erfüllt die Klägerin die Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG von sechs Monaten noch handelt es sich bei dem Betrieb der Beklagten um einen Kleinbetrieb iSv. § 23 Abs. 1 KSchG.
Es liegt keine Unwirksamkeit nach dem AGG vor. Grundsätzlich kann eine Kündigung aufgrund einer Diskriminierung unwirksam sein. Die Klägerin hat über zwei Instanzen jedoch nicht dargelegt, welches nach § 1 AGG verpönte Merkmal in ihrer Person überhaupt vorliegen soll und dass dieses Merkmal der Beklagten bekannt war, so dass vorliegend auch keine diskriminierende Kündigung vorliegt.Soweit die Klägerin die streitgegenständliche Kündigung im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung sieht, könnte ebenfalls grdsl. das verpönte Merkmal der Behinderung nach § 1 AGG einschlägig sein. Allerdings gelten erkrankte Menschen erst dann als behindert im Sinne des Antidiskriminierungsrechts, wenn ihre "körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate vom dem für ihr Alter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist" (BAG, Urteil vom 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08, Rn. 20, NZA 2010, 280 ff.; ErfK/Schlachter, 20. Aufl. 2020, § AGG, Rn. 9). Bei einer rund zweiwöchigen Erkrankung ist ersichtlich das Merkmal der Behinderung noch nicht erfüllt, da die etwaigen Einschränkungen deutlich zu kurz für eine Einschränkung der sozialen Teilhabe sind. Selbst wenn die Beklagte im Übrigen die Kündigung mit der Erkrankung der Klägerin begründet hätte, was jedoch nicht der Fall ist, stellte dies regelmäßig keine hinreichende Indiztatsache iSv. § 22 AGG für die Vermutung einer Benachteiligung wegen einer Behinderung dar (siehe BAG, Urteil vom 28. April 2011 - 8 AZR 515/10, juris).
Es liegt zudem auch kein Verbot gegen das Maßregelverbot des § 612a BGB vor, wonach der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Der Schutz des § 612a BGB greift nur ein, wenn der Arbeitnehmer in zulässiger Weise Rechte ausübt, die ihm im Verhältnis zum Arbeitgeber zustehen. Geschützt ist sowohl das dienstliche als auch das außerdienstliche Verhalten. Der Arbeitnehmer muss allerdings auch tatsächlich ein Recht ausüben. Unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer seine Rechte schriftlich oder mündlich bzw. unmittelbar oder mittelbar über einen Anwalt ausübt. Die Rechtsausübung kann in der Erhebung eines Anspruchs oder dem Gebrauchmachen von Einreden und Einwendungen liegen oder auch in einem tatsächlichem Verhalten liegen. Indem die Klägerin ab dem 02.07.2019 arbeitsunfähig erkrankt war, hat sie aber kein Recht iSv. § 612a BGB ausgeübt, so dass die streitgegenständliche Kündigung auch nicht gegen § 612a BGB verstoßen kann. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des in § 612a BGB verankerten Maßregelungsverbots liegen nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer erkrankt. Denn er macht mit dem "Kranksein" kein Recht geltend, sondern ist wegen der infolge Krankheit bestehenden Arbeitsunfähigkeit außerstande, seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, § 275 Abs. 1 BGB. Der faktische Zustand "Kranksein" ist keine Ausübung eines Rechts, sondern vermittelt nur ein "Recht zum Fernbleiben" wegen subjektiver Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB).
Quelle: LAG Köln, Urteil vom 15.05.2020 - 4 Sa 693/19
https://openjur.de/u/2241492.html